Kühnsstraße 9
30559 Hannover
Herrn
Dirk HillbrechtPiraten-Fraktion im Rat
der Landeshauptstadt von Hannover
Köbelinger Straße 1
30159 Hannover
Sehr geehrter Herr Hillbrecht!
In der Sitzung des Stadtrates vom 20.9.2012
äußerten Sie zu dem Tagesordnungspunkt, der die Ansiedlung von Netrada auf dem
Kronsberg zum Inhalt hatte, Ihre Verwunderung darüber, dass die
Bürgerinitiative „Pro-Kronsberg“ zunächst die Ansiedlung von Amazon mit der
Begründung von unzumutbaren Arbeitsplätzen, unzumutbarem Verkehr, Lärm und
Licht verhindern wollte. Nun, da diese
Punkte mit der Firma Netrada zufriedenstellend gelöst worden seien, werde
plötzlich die Schadstoffdeponie als der wesentliche Hinderungsgrund für die
Ansiedlung auch von Netrada genannt. Für
mich als Zuhörerin war nicht zu überhören, dass Ihre Äußerungen ironisch und
abwertend gemeint waren.
Mir fiel in der Sitzung auf, dass sehr viel mit Ironie
gearbeitet wird, wenn die Meinung eines Mitgliedes aus einer anderen Partei in
Frage gestellt wird. Der entsprechende Adressat kann sich aber zu Wort melden
und die Äußerungen zurückweisen oder richtigstellen. Die Bürger – ob als
Einzelne oder als Zusammenschluss in einer Initiative – können dies innerhalb
der Sitzung nicht. Deshalb ist es unfair, sie öffentlich zu disqualifizieren
bzw. ihnen ein Handeln zu unterstellen, das sie anschließend nicht öffentlich korrigieren können.
Ich äußere mich jetzt für mich persönlich, aber
auch als Mitglied der Bürgerinitiative. Selbst wenn an der Entscheidung des
Stadtrates nichts zu ändern ist, so erscheint es mir wichtig, Ihnen die Absicht
der Bürgerinitiave noch einmal darzustellen, sodass Sie in einem zukünftigen
Fall genauer hinsehen und die Bürger ernst nehmen, selbst wenn deren Meinung
nicht ihrer eigenen entspricht.
Ziel der Bürgerinitiave war es von Anfang an, dass
der ursprüngliche Bebauungsplan
erhalten bleibt. Das beinhaltete sehr wohl die Ansiedlung von Gewerbe und damit auch die Schaffung von
Arbeitsplätzen. Allerdings ging es dabei um kleinflächigere Gewerbe, die
schonend für Anwohner und Umwelt und verträglich mit dem Landschaftsraum
Kronsberg hätten konzipiert werden können. Die Zahl der Arbeitsplätze hätte auf
jeden Fall mit der von Amazon und erst recht mit der von Netrada mithalten
können. Immerhin wird das mittelständische Gewerbe immer als die tragende Säule
unserer Wirtschaft dargestellt!
Die Bürgerinitiative wollte also die Ansiedlung
eines industriell arbeitenden Großunternehmens mit großflächiger
Bodenversiegelung und –überbauung verhindern. Die Auswirkungen dieser großen
versiegelten Fläche auf die Entwässerung und damit auch auf Schadstoffe in
nicht versiegelte Bereiche sind nicht genügend absehbar. Außerdem wandte man
sich gegen die Verkehrs-, Lärm-und Lichtbelastung, gegen prekäre
Arbeitsbedingungen und gegen die
Belastung des Landschaftsraumes Kronsberg durch eine solche Ansiedlung. Dies
alles kam in den Einwendungen zum Ausdruck. Außerdem erhielten alle
Stadtratabgeordneten einen offenen Brief vom 7.Juli 2012, in dem es in erster
Linie um die Erhaltung dieses für Hannover einzigartigen Landschaftsraumes
ging. Der Aspekt des Landschaftsraumes wurde jedoch vom Stadtrat – geflissentlich? – überhaupt nicht gewertet.
Einzig der Bezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode hat sich mutig zu diesem
Landschaftsraum bekannt.
Wenn also die Arbeitsplatzsituation, Verkehr,
Lärm, Licht vielleicht(!) mit der Veränderung von Amazon zu Netrada etwas
verbessert ist und die Landschaft für den Stadtrat keine Rolle spielte, dann
blieb im wesentlichen die Schadstoffdeponie als Einwendungspunkt übrig. Es ist
sehr wohlfeil und einfach für die Politik, dies der Bürgerinitiative
anzulasten. Ich erinnere mich an die Bezirksratssitzung vom 11.07.12, in der
ein Vertreter meinte, die Bürgerinitiative solle doch „endlich mal andere
Argumente als Arbeitsplätze, Lärm, Verkehr und Licht anbringen“!
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Stadtrat
der Ansiedlung von Amazon zugestimmt hätte, wenn ihm nicht glücklicherweise
Netrada „zu Füßen gefallen“ wäre! Dies erlaubte ein diskretes Hinausschleichen
aus der verfahrenen Situation.
Ich möchte Sie, Herr Hillbrecht, nun auffordern,
in der nächsten Sitzung des Stadtrates öffentlich zu verlauten, dass Sie sich gegenüber der
Bürgerinitiative Pro-Kronsberg nicht
richtig verhalten haben, und dass Sie gleichzeitig die Sachlage- so wie ich sie
Ihnen geschildert habe - richtigstellen.
Die Stadträte sind nicht eigenmächtige Vertreter ihrer selbst, sondern die der
Bürger, und gerade auch derjenigen Bürger, die sich öffentlich und namentlich
engagieren! Ich bitte darum, den Termin der Ratssitzung durch Sie zu erfahren.In der gleichen Sitzung vom 20.9.12 kündigten Sie an, die weitere Entwicklung von Netrada auf dem Kronsberg im Hinblick auf Zusagen und Versprechungen der Firma genau zu beobachten. Ich möchte fragen, wie Sie dies tun werden und wie die Bürger davon informiert werden sollen.
Mit freundlichen Grüßen
(Susanne Leibold)