Montag, 2. Juli 2012

Droht eine peinliche Schlappe für die Stadt Hannover?


Vorerst doch keine Logistikhalle für Amazon

Der Onlineversender Amazon hat sich immer noch nicht dazu bekannt in Hannover anzusiedeln.


Dabei hat die Stadt Hannover im September letzten Jahres mitgeteilt, auf Anfrage von Amazon eine riesige Fläche gegenüber der deutschen Messe AG für den Globalplayer herzurichten. Teure Gutachten wurden erstellt und erste Arbeiten von enercity stattgefunden - mitten in der Brut- und Setzzeit! Warum hat sich Amazon bis jetzt nicht bekannt? Wahrscheinlich ist, dass deren Justitiare erkannt haben, dass die Arbeit der Verwaltung so schlecht war, dass sich die Einwohner  und der Landesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz LBU Niedersachsen e. V. mit ihren Einwendunge bei Gericht durchsetzen werden.


Und so werden kopflose Irrungen und Wirrungen in Hannover bekannt: Die  "Neue Presse" (NP) hatte bereits am Freitag und die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" (HAZ) am Wochenende berichtet, dass die Stadt Hannover für 4,3 Millionen Euro Parkplatzflächen an der Emmy-Noether-Allee von der Deutschen Messe AG gekauft habe, um die Voraussetzungen für die Ansiedlung des Internetriesen Amazon zu schaffen. Jetzt wird zurückgerudert: Der Kauf wurde nicht vollzogen. Die Deutsche Messe AG betrachtet den Beschluss des Aufsichtsrat auf seiner jüngsten Sitzung als einen Vorratsbeschluss, um das Gelände bis zum Jahr 2017 für 4,3 Millionen Euro verkaufen zu dürfen.
Gestern Abend erfolgte die kurzfristige Einladung vom Sprecher der LH Hannover Andreas Möser zu heute Mittag um 12:30 Uhr in das neue Rathaus, um den aktuellen Planungsstand zu erläutern. Angeblich habe die Stadt überhaupt nicht vor, das Gelände zu kaufen. Die LH Hannover sieht hier den möglichen Investor in der Pflicht. Vermutlich wird heute ein neuer interessierter Investor präsentiert. Offensichtlich um die Verhandlungsposition zu stärken und um das Investoren-Duo Amazon/Goodman aus der Reserve zu locken.

Das "Hin und Her" um die Ansiedlung von Amazon und die geplante Ansiedlung eines Logistikzentrums östlich der Weltaustellungsallee läuft bereits seit über 10 Monaten. Die Landeshauptstadt Hannover hat im vorigen Herbst das Bauleitverfahren zur Ansiedlung eines großen Distributionszentrums östlich des Messegeländes gestartet. Ursprünglicher Anlass war das Interesse von Amazon. Erst seit Mitte Januar diesen Jahres versucht die Stadt, die Bauleitplanung unabhängig von einem bestimmten Interessenten zu ändern. Die Investoren Goodmann und Amazon halten sich über eine mögliche Entscheidung immer noch vollständig bedeckt und sich alle Optionen offen. Die Stadt ist zwischenzeitlich sehr verärgert und sucht nun nach alternativen Investoren. Dies obwohl es bereits - wie durch die Initiative pro.kronsberg e.V. mehrfach aufgezeigt - durchaus geeignete Varianten gibt:

Es bietet sich förmlich an das Sport- und Leistungszentrum von Hannover 96 auf der Fläche südlich der Emmy-Noether-Allee anzusiedeln. Dies würde eine großflächige Abholzung von wertvollen Waldflächen in der Eilienriede am Zoo (ehemaliges königliches Jagdgebiet und bis jetzt im Eigentum der Menschen, die in Hannover leben) ersparen. Auch das Kombinationsflächenmodell des "Park Kronsberg" (http://www.park-kronsberg.de/) wäre eine valide Option. Die Initiative pro.kronsberg setzt sich daher weiterhin für die Beibehaltung der bestehende Bauleitpläne ein, um das Areal mit einer ökologisch und ökonomisch sinnvollen Variante zu bebauen und nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen.

Stattdessen scheitert die Stadt jetzt offensichtlich mit ihrem Versuch Amazon anzusiedeln. Ein teueres Scheitern, zumal die Stadt viel Geld für Gutachten und mittelbar für die Leitungsarbeiten dann in den Sand gesetzt hätte. Statt das Scheitern einzugestehen, wird ein neuer Interessent für eine Mega-Logistikhalle versucht, zu präsentieren. An den Problemen - Altlast, Verkehr, Feinstaub etc. - ändert das nichts. Im Gegenteil: Fraglich ist, was der Betrieb eines Modelagers für unerwartete Folgen haben wird. Dies müßte gutachterlich abgeklärt werden. Will die Stadt also noch mehr Geld in den Sand setzen?
Die Vorbereitungen der Leitungsverlegungen gehen derweil weiter: Die Stadtverwaltung arbeitet an der Änderung der Bebauungspläne. Diese sollen spätestens im Herbst vom Rat abgesegnet werden.

Text: Jens Fleischhacker