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Hans Heintze Hannover, 27.05.2013
Lange-Hop-Str. 146
30539 Hannover
Sehr geehrter Herr
Bezirksbürgermeister Rödel,
sehr geehrte
Mitglieder des Bezirksrats Kirchrode-Bemerode-Wülferode,
in der Sitzung vom 8.5.2013 habe ich einige Fragen an den
Bezirksrat und an die Stadtverwaltung
gerichtet. Diesen Fragenkatalog habe ich Ihnen anschließend in schriftlicher Form überreicht. Ein Teil
der Fragen wurde unmittelbar von Ihnen, Herr Rödel, beantwortet; zu diesen Antworten hätte ich gern Stellung
genommen, dazu fehlte aber die Zeit. Diese Klarstellungen hole ich heute nach.
Zu Frage 1 (Veranstaltung im Annastift):
1. Bevor Sie auf die Frage eingingen, begründeten Sie die
geplante Veranstaltung mit der Notwen-digkeit, auf eine Beunruhigung
der Bürger einzugehen. Diese Beunruhigung sei hervorgerufen worden durch
die Art, in der die Bürgerinitiative pro.Kronsberg die Problematik der Deponien und Altlasten öffentlich
dargestellt habe, nicht zuletzt auch durch Behauptungen über gehäufte
Krebsfälle in der Siedlung Seelhorst.
Diese Vorwürfe
entsprechen nicht den Tatsachen und sind daher
falsch.
Die Bürgerinitiative hat sich in ihren Veröffentlichungen
immer auf Fakten bezogen, die in öffentlich zugänglichen Quellen überprüfbar
dargestellt worden sind, insbesondere in der Untersuchung des Umweltbundesamtes
(UBA) sowie in hannoverschen Zeitungen der 70er und 80er Jahre (z.B. HAZ und
„Maschseebote“). Die Seriosität der
Untersuchung des Umweltbundesamtes wurde auch von Herrn Mönninghoff
öffentlich in einer Sitzung des
Bezirksrats im September 2012 bestätigt. Alle Warnungen der Bürgerinitiative
vor den illegal in den Bemeroder Deponien abgelagerten Giften bezogen sich auf diese Unterlagen. Sollten
uns dabei Fehler unterlaufen sein, so müssten Sie uns das nachweisen – dann
würden wir uns selbstverständlich korrigieren. Bisher sind Sie hier aber jeden
Beweis schuldig geblieben.
Die Frage gehäufter Krebsfälle in der Siedlung Seelhorst ist von der Bürgerinitiative bis heute nicht
öffentlich erörtert worden. Um diesen Vorgang zu klären, möchte ich die
mir bekannten Abläufe möglichst genau darstellen:
Das Thema kam zum ersten Mal zur Sprache, als bei einer Veranstaltung von „pro.Kronsberg“ eine Bürgerin ihre Sorgen über eine Häufung
von Krebsfällen in der Siedlung
ansprach. Diese Bürgerin gehört der Initiative nicht an, ich kenne auch ihren
Namen nicht. Selbstverständlich hatte sie das Recht, ihre Sorgen öffentlich zu
äußern.
Sie, Herr Rödel,
haben dann sofort diese Äußerung
öffentlich scharf kritisiert, weil sie das Bild des Stadtteils schädige. Hier
stellt sich die Frage: Wird das Bild
eines Stadtbezirks geschädigt, weil über ein Problem gesprochen wird - oder weil ein Problem existiert, das schnell
behoben werden muss?
Ich habe Sie noch in dieser Sitzung darüber informiert, dass diese Bürgerin nicht
Mitglied der Bürgerinitiative sei,
sondern offensichtlich ihre persönlichen Ängste und Beobachtungen geäußert
habe. Meines Wissens sind Sie nicht auf diese Frau zugegangen, um sie nach
näheren Fakten zu fragen. Ich bin sicher, dass ein solcher Schritt sinnvoll
gewesen wäre. Allerdings haben auch wir
von der Bürgerinitiative diese Fragen nicht näher aufgegriffen; auch wir hatten
Bedenken, dieses angst-besetzte Thema ohne nähere Informationen öffentlich zu
erörtern. Später haben Sie den Vorwurf gegen die BI, das Thema gehäufter
Krebsfälle hochgespielt zu haben, öffentlich wiederholt; ich habe Ihnen ein zweites Mal widersprochen und den
Vorgang richtiggestellt.
Meines Wissens hat es dann während einer
Mitgliederversammlung der
Siedlergemeinschaft ein Gespräch zu dieser Frage gegeben; dabei sollen tatsächlich Berichte über Krebsfälle in der Siedlung
Seelhorst spontan zur Sprache gekommen sein. Mir ist nicht bekannt, ob
bisher eine systematischere Untersuchung geplant ist. Eine solche Untersuchung
wäre sicherlich legitim, sollte aber mit einer
angemessenen Vorsicht und Diskretion gehandhabt werden.
Die Bürgerinitiative pro.Kronsberg hat sich möglicherweise
selbst zu sehr zurückgehalten. Auf
keinen Fall hat sie das Thema in der
Öffentlichkeit hochgespielt. Diese Behauptungen sind rufschädigend und
müssen aus der Diskussion verschwinden.
2. Die Frage nach dem Namen und den Fachgebieten
des eingeladenen Sachverständigen
wollten Sie, Herr Rödel, zu meinem Erstaunen nicht beantworten. Sie
argumentierten, es bestünde die Gefahr, dass gewisse Leute dann bei Google
nachforschten, was der Sachverständige denn bisher getan habe.
Dieser Einwand überzeugt
mich gar nicht. Warum soll man sich nicht über einen Sachverständigen
und die Art seines Sachverstandes (z.B. wissenschaftliche Schwerpunkte und
Arbeitsgebiete) informieren dürfen? Wissenschaftliche Seriosität hängt von
Transparenz und Überprüfbarkeit sowohl der Ergebnisse als auch der jeweiligen
Methodik ab. Nur so kann auch in umstrittenen Fragen Vertrauen zurückgewonnen werden. Einen
geheimnisvollen Mr. X anzukündigen - ein
solches Vor-gehen verstärkt eher die
Skepsis, dass hier etwas verharmlost oder vertuscht werden soll.
Ich weiß nicht, wer diese Geheimhaltung, die niemandem
nützt, beschlossen hat. Waren die Frak-tionen der beiden Bezirksräte daran
beteiligt? Hat Frau Bezirksbürgermeisterin Ranke-Heck
zuge-stimmt? Geht der Wunsch von „Mr. X“ aus?
Erfahren denn wenigstens die
Bezirksvertreterinnen und -vertreter den Namen und die Qualifikation des Sachverständigen?
Warum wird der „mündige Bürger“ nicht informiert? Die Bezahlung des
Sachverständigen erfolgt doch aus Steuermitteln!
Ich halte diese Entscheidung
für einen Fehler und empfehle
Ihnen, sie schnellstmöglich zu
korrigieren, damit wir nicht länger um
eine problematische Geheimhaltung streiten, sondern endlich über die wirklich wichtigen Fragen
sachgerecht diskutieren können.
3. Zur Frage, wie der
Untersuchungsauftrag an den Sachverständigen laute, betonten Sie
ausführ-lich, dass kein neues Gutachten geplant sei; schließlich gebe es schon Gutachten, die
nicht immer überzeugt hätten. (Meine
volle Zustimmung in diesem Punkt!). Ich
hatte allerdings nicht nach einem Gutachten, sondern nach dem
Untersuchungsauftrag gefragt.
Sollten Sie allerdings
Formulierungen in einer Presseerklärung
der Initiative pro.Kronsberg über ein neues Gutachten gemeint haben, so
muss ich Ihnen Recht geben: Die in der
vorigen Sitzung des Bezirksrats anwesenden Mitglieder der Initiative hatten
Ihre Äußerung so verstanden, und hier ist nunmehr eine Klarstellung erfolgt,
die wir berücksichtigen werden. Dennoch hoffe ich, dass die Äußerungen des
Sachverständigen auch schriftlich erfolgen, damit man sie nachlesen und
über-prüfen kann – auch ohne ein neues Gutachten.
Ich war aber doch von Ihrer Nebenbemerkung irritiert, die
ich nur noch sinngemäß wiedergeben kann:
Der Sachverständige werde auch erklären, wie gefährlich es wirklich sei,
wenn „ein paar Krümel“ eines Gifts in der Deponie lagerten. Habe ich
Sie da richtig verstanden, Herr Rödel?
Hier könnte wieder der Verdacht
entstehen, es sollte verharmlost und
bagatellisiert werden. Es geht doch um
zahlreiche Fässer mit hochgiftigen Chemikalien, viele davon mit
Grundwasserkontakt!
Was wir brauchen, ist weder
ein Herunterspielen möglicher Gefahren noch
eine unsachgemäße Dramatisierung,
die wir nicht wollen. Da wir alle in dieser Hinsicht Laien sind, benötigen wir
hier Klärung durch unabhängigen Sachverstand.
Deshalb haben wir den Plan einer solchen Veranstaltung begrüßt. Sollte aber der Eindruck einer
Verharmlosungskampagne entstehen, wie wir sie schon erlebt haben, so würde ein schwerer
Glaubwürdigkeitsverlust entstehen, den wir uns alle nicht wünschen können.
Und: Eine sehr spät erfolgende Sanierung kann sehr teuer werden, wie man an
der Deponie Morgenstern am Harz sieht.
Zu Frage 2 (Sanierung des Spielplatzes
Wülferoder Weg):
4. Auf diese Fragen antworteten Sie, Herr Rödel, dafür sei der Bezirk
Döhren-Wülfel zuständig. Das mag formal richtig sein, allerdings geht es hier
um Überschneidungen, die sich auf beide Bezirke auswirken. Giftströme im
Grundwasser machen nicht Halt an Stadtbezirksgrenzen, und eine riesige Halle
wirkt sich ebenfalls auf das größere Umfeld in Hannovers Südosten aus.
Deshalb habe ich Sie gebeten, so etwas wie „Amtshilfe“ aus Döhren-Wülfel einzuholen. Ich gebe den Fragenkatalog aber
auch von mir aus an den Bezirksrat Döhren-Wülfel weiter und bitte Frau Bezirksbürgermeisterin
Ranke-Heck um die entsprechenden Auskünfte.
Zu Frage 4 (Retouren der Fa. NETRADA):
5. Diese Frage haben
Sie fast heftig zurückgewiesen. NETRADA habe in der Info-Veranstaltung mitgeteilt, dass man heute dazu noch nichts sagen könne. Wegen
des Zeitmangels am 8.5.2013 konnte ich
auf diese Zurückweisung nicht mehr antworten. Ich habe mich aber bei den
Mitgliedern von pro.Kronsberg vergewissert, dass die Frage der Retouren durchaus angesprochen worden ist. Demnach sollen
große Teile des östlich gelegenen
Hallenabschnitts zur Bearbeitung der Retouren vorgesehen sein. Da dieser
Hallenabschnitt in den nächsten Wochen eingerichtet werden wird (auch mit der
nötigen Technik), muss die Firma mit Sicherheit konkrete Pläne entwickelt und
zur Geneh-migung vorgelegt haben. Im übrigen ist NETRADA
im Internet-Versandhandel mit Textilien erfahren und bearbeitet Retouren
nicht zum ersten Mal.
Darauf beziehen sich
meine Fragen, und ich wiederhole sie hiermit. Auch den Bezirksrat und Sie
als Bezirksbürgermeister müsste doch die Frage interessieren, ob es hier ggf.
zu zusätzlichen Belastun-gen der Umwelt durch Chemikalien und austretende
Dämpfe kommen kann. Die Verwaltung wird Ihnen sicherlich auch ohne hohe Gebühren
dazu Auskunft erteilen.
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6. Auf meine Informationen zur Frage der Gebühren bei Anfragen und Widerspruchsverfahren habe ich
Antworten von Herrn Hellmann, Frau Stittgen und Herrn Jens Albrecht erhalten.
Auf meine Anfragen an den Bezirksrat
Döhren-Wülfel wegen der Artikel
über „Arsen im Grundwasser“ haben die SPD- und die CDU-Fraktion
geantwortet. Für diese hilfreichen Reaktionen
herzlichen Dank!
Ich schreibe diesen Brief in eigener persönlicher Verantwortung, aber mit Kenntnis des Vorstandes der Bürgerinitiative
„pro.Kronsberg“, und ich wünsche mir, dass wir diese Probleme weiterhin engagiert gemeinsam bearbeiten
können, unabhängig von allen manchmal unvermeidlichen politischen
Unterschieden.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Hans Heintze