Montag, 1. Oktober 2012

Offener Brief an Dirk Hillbrecht Piraten-Fraktion im Rat der LH hannover


Susanne Leibold                                                                                       29.09.2012
Kühnsstraße 9
30559 Hannover



Herrn
Dirk Hillbrecht
Piraten-Fraktion im Rat
der Landeshauptstadt von Hannover
Köbelinger Straße 1
30159 Hannover


Betreff: Stadtratsitzung vom 20. 9. 2012 zur Ansiedlung von Netrada auf dem Kronsberg

Sehr geehrter Herr Hillbrecht!

In der Sitzung des Stadtrates vom 20.9.2012 äußerten Sie zu dem Tagesordnungspunkt, der die Ansiedlung von Netrada auf dem Kronsberg zum Inhalt hatte, Ihre Verwunderung darüber, dass die Bürgerinitiative „Pro-Kronsberg“ zunächst die Ansiedlung von Amazon mit der Begründung von unzumutbaren Arbeitsplätzen, unzumutbarem Verkehr, Lärm und Licht verhindern wollte. Nun,  da diese Punkte mit der Firma Netrada zufriedenstellend gelöst worden seien, werde plötzlich die Schadstoffdeponie als der wesentliche Hinderungsgrund für die Ansiedlung auch von Netrada genannt.  Für mich als Zuhörerin war nicht zu überhören, dass Ihre Äußerungen ironisch und abwertend gemeint waren.

Mir fiel in der Sitzung auf, dass sehr viel mit Ironie gearbeitet wird, wenn die Meinung eines Mitgliedes aus einer anderen Partei in Frage gestellt wird. Der entsprechende Adressat kann sich aber zu Wort melden und die Äußerungen zurückweisen oder richtigstellen. Die Bürger – ob als Einzelne oder als Zusammenschluss in einer Initiative – können dies innerhalb der Sitzung nicht. Deshalb ist es unfair, sie öffentlich zu disqualifizieren bzw. ihnen ein Handeln zu unterstellen, das sie anschließend  nicht öffentlich korrigieren können.

Ich äußere mich jetzt für mich persönlich, aber auch als Mitglied der Bürgerinitiative. Selbst wenn an der Entscheidung des Stadtrates nichts zu ändern ist, so erscheint es mir wichtig, Ihnen die Absicht der Bürgerinitiave noch einmal darzustellen, sodass Sie in einem zukünftigen Fall genauer hinsehen und die Bürger ernst nehmen, selbst wenn deren Meinung nicht ihrer eigenen entspricht.

Ziel der Bürgerinitiave war es von Anfang an, dass der ursprüngliche Bebauungsplan erhalten bleibt. Das beinhaltete sehr wohl die Ansiedlung von Gewerbe  und damit auch die Schaffung von Arbeitsplätzen. Allerdings ging es dabei um kleinflächigere Gewerbe, die schonend für Anwohner und Umwelt und verträglich mit dem Landschaftsraum Kronsberg hätten konzipiert werden können. Die Zahl der Arbeitsplätze hätte auf jeden Fall mit der von Amazon und erst recht mit der von Netrada mithalten können. Immerhin wird das mittelständische Gewerbe immer als die tragende Säule unserer Wirtschaft dargestellt!

Die Bürgerinitiative wollte also die Ansiedlung eines industriell arbeitenden Großunternehmens mit großflächiger Bodenversiegelung und –überbauung verhindern. Die Auswirkungen dieser großen versiegelten Fläche auf die Entwässerung und damit auch auf Schadstoffe in nicht versiegelte Bereiche sind nicht genügend absehbar. Außerdem wandte man sich gegen die Verkehrs-, Lärm-und Lichtbelastung, gegen prekäre Arbeitsbedingungen und gegen die Belastung des Landschaftsraumes Kronsberg durch eine solche Ansiedlung. Dies alles kam in den Einwendungen zum Ausdruck. Außerdem erhielten alle Stadtratabgeordneten einen offenen Brief vom 7.Juli 2012, in dem es in erster Linie um die Erhaltung dieses für Hannover einzigartigen Landschaftsraumes ging. Der Aspekt des Landschaftsraumes wurde jedoch vom Stadtrat –  geflissentlich? – überhaupt nicht gewertet. Einzig der Bezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode hat sich mutig zu diesem Landschaftsraum bekannt.

Wenn also die Arbeitsplatzsituation, Verkehr, Lärm, Licht vielleicht(!) mit der Veränderung von Amazon zu Netrada etwas verbessert ist und die Landschaft für den Stadtrat keine Rolle spielte, dann blieb im wesentlichen die Schadstoffdeponie als Einwendungspunkt übrig. Es ist sehr wohlfeil und einfach für die Politik, dies der Bürgerinitiative anzulasten. Ich erinnere mich an die Bezirksratssitzung vom 11.07.12, in der ein Vertreter meinte, die Bürgerinitiative solle doch „endlich mal andere Argumente als Arbeitsplätze, Lärm, Verkehr und Licht anbringen“!

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Stadtrat der Ansiedlung von Amazon zugestimmt hätte, wenn ihm nicht glücklicherweise Netrada „zu Füßen gefallen“ wäre! Dies erlaubte ein diskretes Hinausschleichen aus der verfahrenen Situation.
Ich möchte Sie, Herr Hillbrecht, nun auffordern, in der nächsten Sitzung des Stadtrates öffentlich zu verlauten, dass Sie sich gegenüber der Bürgerinitiative Pro-Kronsberg  nicht richtig verhalten haben, und dass Sie gleichzeitig die Sachlage- so wie ich sie Ihnen geschildert habe -  richtigstellen. Die Stadträte sind nicht eigenmächtige Vertreter ihrer selbst, sondern die der Bürger, und gerade auch derjenigen Bürger, die sich öffentlich und namentlich engagieren! Ich bitte darum, den Termin der Ratssitzung durch Sie zu erfahren.
In der gleichen Sitzung vom 20.9.12 kündigten Sie an, die weitere Entwicklung von Netrada auf dem Kronsberg im Hinblick auf  Zusagen und Versprechungen der Firma genau zu beobachten. Ich möchte fragen, wie Sie dies tun werden und wie die Bürger davon informiert werden sollen.

 Mit freundlichen Grüßen
(Susanne Leibold)